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T-box Proteine in Entwicklung und Pathogenese

T-box Transkriptionsfaktoren entstanden bei der Evolution der Metazoen und steuern die Entwicklung epithelialer und mesenchymaler Gewebe. Alle Tbx Proteine enthalten eine stark konservierte DNA-Bindungsdomäne von etwa 180 Aminosäuren und haben im wesentlichen die gleiche Bindungspräferenz für eine oktamere DNA Sequenz. Im menschlichen Genom existieren 17 Tbx Gene. Viele von ihnen sind im mutierten Zustand für menschliche Erbkrankheiten verantwortlich, in denen u.a. die Entwicklung von Herz, Gliedmassen und Gesichtsstrukturen gestört ist.

Wir untersuchen vor allem die Tbx2 Unterfamilie dieser Transkriptionsfaktoren. Diese umfasst bei Vertebraten vier Mitglieder (Tbx2, Tbx3, Tbx4 und Tbx5), bei Drosophila nur eines (Optomotor-blind, Omb). Die Tbx2 Unterfamilie ist auch von Bedeutung, weil in vielen menschlichen Tumorarten TBX2 und TBX3 überexprimiert sind. Drosophila hat, neben seinen System-bedingten Vorzügen, den Vorteil, dass die genetische Untersuchung der Tbx2-Funktion nicht durch Redundanz innerhalb dieser Genfamilie gestört ist. omb ist mit mehr als 150 kb eines der grössten Drosophila-Gene und unterliegt einer komplexen Regulation. Korrekte Expression von omb ist notwendig für die Entwicklung des Gehirns (vor allem der optischen Loben), der Gliedmassen (vor allem der Flügel), des Kopfes (vor allem der Augen) und des abdominalen Integuments.

Wir arbeiten an folgenden Themen:


1. Regulation von omb auf genetischem und epigenetischem Niveau.

Der gesamte omb Lokus wurde von uns und anderen Arbeitsgruppen in enhancer reporter Vektoren subkloniert. Wir untersuchen die Bedeutung und Regulation einzelner Enhancer für die Entwicklung von Drosophila. Wir versuchen zu verstehen, ob die Verteilung von Regulationselementen einer erkennbaren Logik unterliegt. Im omb Gen finden sich Bindestellen für Polycomb und Trithorax-Gruppen Proteine (PREs). Dies legt nahe, dass omb unter epigenetischer Kontrolle steht. In Einklang damit steht die Beobachtung, dass die Promoterregion von omb pairing-sensitive silencing (PSS) vermittelt. Einzelne Enhancer in der omb regulatorischen Region können auf den über hundert kb entfernten omb Promoter wirken, haben aber keinen Einfluss auf nur wenige hundert bp entfernt liegenden benachbarte Promotoren. Die hypothetischen Grenzelemente sollen identifiziert werden.

2. Tbx-kontrollierte Gene

Das Drosophila-Genom enthält etwa 250.000 potentielle Tbx Bindestellen (Tbx binding elements, TBE). Durch Identifizierung tatsächlicher Zielgene sollen Sequenzmerkmale bestimmt werden, die für ein funktionelles TBE notwendig sind. Mit einem ausreichenden Satz von Tbx Zielgenen soll die Frage geklärt werden, wie sich die TBEs verschiedener paraloger Tbx Proteine unterscheiden (Arbeitsmethoden: Bioinformatik, Transkriptom- und ChIP-chip Analyse, Genetik und Histologie). Die Identifizierung von Zielgenen liefert darüber hinaus einen wichtigen Beitrag zum mechanistischen Verständnis der verschiedenen biologischen Tbx-Funktionen.

3. Bedeutung von Tbx-Proteinen für die Morphogenese und Aufrechterhaltung epithelialer Stukturen.

Die Tbx Genfunktion ist häufig stark dosisabhängig (vgl. die Haploinsuffizienz der meisten menschlichen TBX Gene). Im Fall von omb wirken sich Verlust und Überexpression destabilisierend auf Epithelien aus. Das Dorsocross Gen (ein Tbx6 Ortholog) ist notwendig und hinreichend für Faltungsprozesse des Drososphila Flügelepithels.

4. Rolle von TBX2/3 bei der Metastasierung

TBX2 und TBX3 sind in vielen menschliche Tumoren überexprimiert. Bei Melanomen wurde nachgewiesen, dass diese Überexpression für die starke Metastaseneigung dieser Carcinome verantwortlich ist. Invasives Verhalten lässt sich auch im Drosophila-Modell bei Überexpression von Omb oder der menschlichen Proteine TBX2/3 nachweisen. Wir verwenden ein Drosophila-Modell und menschliche Zellkulturzellen um nach Inhibitoren von TBX2/3 zu suchen.

5. Proliferationskontrolle durch Omb

In verschiedenen Bereichen eines Gewebes kann Omb Proliferation stimulieren oder hemmen (z. B. dorsale vs. ventrale Augenimaginalscheibe, mediale vs. laterale Flügelimaginalscheibe). Die molekularen Determinanten, die hierfür ausschlaggebend sind, sollen identifiziert werden.

6. Struktur-Funktionsanalysen bei den Tbx Proteinen Omb und Org-1

Die DNA-Bindungsdomäne von Tbx-Proteinen ist stark konserviert. Für die funktionellen Unterschiede paraloger Proteinen sind vor allem flankierende Domänen verantworlich, die reich an repetitiven Sequenzen sind (polyGlutamin und polyAlanin). Die Bedeutung dieser Domänen wird untersucht mit Hinblick auf polyAlanin- und polyGlutamin-induzierte (neuro)degenerative Erkrankungen.

7. Evolution der Regulation der Tbx2 Gene

omb ist das einzige Mitglied der Tbx2 Unterfamilie in Insekten. In Vertebraten umfasst diese Unterfamilie vier MItglieder, die mit omb Gemeinsamkeiten im Expressionsmuster aufweisen. Lassen sich diese Gemeinsamkeiten auf evolutionär konservierte Regulationselemente zurückverfolgen?

In manchen Drosophila-Spezies ist die abdominale Pigmentierung innerhalb einer Spezies genetisch polymorph. Omb ist in D. melanogaster für die abdominale Pigmentierung notwendig und hinreichend. Durch Identifzierung der abdominalen Enhancer in omb kann analysiert werden, ob omb an diesen Polymorphismen beteiligt ist.